Hochschule Luzern - Musik, Abteilung Jazz

Jazzkantine: Nicht mehr wegzudenken in Luzerns Altstadt


Bei Henk trifft sich die Szene

Wer könnte sich heute die Altstadt Luzern ohne Jazzkantine vorstellen? Das Lokal, in dem regelmässig Konzerte stattfinden, hat sich mit seiner inspirierenden Atmosphäre einen sehr guten Namen gemacht. Dabei gibt es die Jazzkantine erst seit dreieinhalb Jahren. Initiantin des Projektes war die Jazzschule Luzern.

"Hier gibt es den besten Kaffee in der Stadt", sagt der junge Besucher am Tisch. "Es ist angenehm und friedlich hier, gutes Ambiente", ergänzt sein Kollege. Die beiden kommen regelmässig in die Jazzkantine. Mittag ist. Einige Leute haben gegessen, andere sitzen beim Kaffee, plaudern, lesen Zeitung. Ab und zu streckt der tamilische Koch Kumar den Kopf aus der Küche. Henk, der Wirt, ist sanft am Rotieren. Die letzten Erledigungen stehen an. Am nächsten Tag geht es Richtung Sardinien. Der Weinberg ruft.

Die Jazzkantine war von der Jazzschule Luzern — heute Fakultät III der Musikhochschule Luzern (MHS) — ins Leben gerufen und im Mai 1997 eröffnet worden . "Wir hatten schon lange nach einem Aufführungslokal für unsere schulinternen Konzerte und Workshops gesucht. Das ständige Wechseln von der Boa ins Kleintheater zum Stadtkeller war nicht befriedigend und bedingte eine sehr langfristige Planung", sagt Marianne Doran, Geschäftsführerin der Fakultät III.

Eigenes Lokal

Die Jazzschule-Verantwortlichen wussten, was sie wollten: Ein Konzertlokal mit Clubatmosphäre, das Musikern und Musikerinnen Gelegenheit für regelmässige Sessions bieten, aber auch allen anderen Kulturinteressierten offen stehen würde. Mit einem eigenen Lokal, so war die Idee, könnte die Jazzschule ihr Wirken auch besser nach aussen bekannt machen und vielleicht sogar ein breiteres Publikum für den Jazz und verwandte Musikstile sensibilisieren.

Die Jazzschule gründete unter dem Namen "Jazzkantine im Graben GmbH" eine eigene Trägerschaft mit sieben Privatpersonen. Die Liegenschaft Grabenstrasse 8 wurde unter der Leitung von Architekt Iwan Bühler auf zwei Stockwerken umgebaut: Im Keller entstand das eigentliche Jazzlokal und im Erdgeschoss das Restaurant. Als Geschäftsführer wurde Henk Bergmans eingestellt. Mobiliar wie Tische, Stühle, Leuchter und der Holzboden — ein alter Schiffboden — wurden in Holland eingekauft.

"Wir haben sehr gute Verträge ausgehandelt, die auch nach drei Jahren noch bestens funktionieren", sagt Marianne Doran. Immerhin mussten mit den verschiedenen Bedürfnissen von drei involvierten Parteien komplexe Zuständigkeiten geregelt werden: Die GmbH ist Besitzerin der Jazzkantine, die Fakultät III betreibt und programmiert das Jazzlokal im Keller und Henk Bergmans sorgt für den Beizenbetrieb. Daneben organisiert er im Keller regelmässig Disco-Anlässe.

Beliebter Treffpunkt

Es ist erstaunlich, wie schnell sich die Jazzkantine zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt hat: Nicht nur für die 400 Studierenden, die wöchentlich an der Jazzschule ein- und ausgehen, sondern für ein Publikum unterschiedlichster Herkunft. "Wir haben eine riesige Palette von Gästen. Es sind alle Altersgruppen vertreten. Zu uns kommen nicht nur die Künstlerin oder der Jazzfreak, sondern auch der ganz normale Luzerner", grinst Henk.

Dennoch ist die Jazzkantine unverkennbar eine "Szenenbeiz" mit kulturellem Touch geworden. Künstler und Kulturvermittler klopfen sich auf die Schultern oder geraten sich in die Haare - je nach Pegelstand. Hier trifft sich die selbsternannte Intelligenzia der Kleinstadt zum Tresen-Talk, hier werden Herzen geöffnet und Herzen gebrochen, hier ist das Leben zu Gast, wie es trinkt und thinkt, tickt und trickt.

Mittwochs und donnerstags finden im Keller regelmässig Jam-Sessions und Konzerte statt. Dass ausschliesslich Studierende oder Dozierende der Fakultät III auftreten dürfen, tut der Stilvielfalt keinen Abbruch. Als Bühne und Lokal für Diplomkonzerte, Workshops, Projektwochen und Proben ist der Keller ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung geworden. Hier wird gespielt, Jazz gehört, es werden neue Projekte ausgeheckt, Austausch findet statt. Die Kosten für den Betrieb des Konzertlokals werden denn auch teilweise über das Schulbudget abgebucht.

Bald autofrei

Die Intention der Schule, mit der Jazzkantine auch ein neues Publikum für den zeitgenössischen Jazz heranzubilden, ist nicht leerer Wunsch geblieben. "Die Zahl der Besucherinnen und Besucher hat meine Erwartungen übertroffen. Das Interesse ist eigentlich unglaublich gross", freut sich Marianne Doran. "Nebst den Studierenden hat sich eine treue Zuhörerschaft etabliert, die regelmässig an die Konzerte kommt."

Die Jazzkantine hat neuen Schwung in Luzerns Altstadtleben gebracht. Lokale wie das altehrwürdige "Magdi" oder neuerdings der Löwengraben sind nicht Konkurrenz. "Das Nebeneinander verschiedener Beizen wirkt sich eher befruchtend aus", weiss Henk. Der Wirt freut sich bereits auf den Zeitpunkt, wenn der Grendel autofrei wird. "Dann können auch wir im Sommer nach draussen expandieren. Bei schönem Wetter liessen sich sogar kleine Open-Air Konzerte veranstalten - unplugged selbstverständlich."

Henk Bergmans, der sich inzwischen zum "diplomierten Hobby-Winzer" ausgebildet hat, wird am 10. Juli 2006 genau 40 Jahre im Gastgewerbe tätig sein. Bis zu diesem Zeitpunkt, so Gott und die Sonne wollen, dürfte Henks junger Weinberg in Sardinien so weit gediehen sein, dass die Gäste mit einem Tropfen aus Eigenanbau anstossen können. Auf den Wirt, auf das Haus, auf den Jazz!

Das aktuelle Konzertprogramm findet man im Internet unter www.jsl.ch/kantine.htm

(Von Pirmin Bossart, Journalist, Luzern)


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