Hochschule Luzern - Musik, Abteilung Jazz

IM MEMORIAM ERIC PETER


Eric Peter gestorben

Der Tod von Eric Peter ist ein grosser Verlust für die Hardbop-Schule der Jazzmusik. Auf seinem Instrument, dem Kontrabass, war er einer der letzten wahren Vertreter dieser Kunst - überall auf der Welt. Der Schock über seinen plötzlichen Tod lässt nur langsam nach, aber die Realität hat schon Fuss gefasst. Die Realität besteht aus einer Lücke, die nicht so schnell, wenn überhaupt, wieder geschlossen werden kann.

Es war bekannt, dass Eric während seinen letzten Lebensjahren unter einem progressiv entkräftenden Gesundheitszustand zu leiden hatte, bis dem Masse, dass er am Schluss nicht mehr in der Lage war, die physischen Ansprüche eines Auftritts zu erfüllen. Dies betrübte Eric ebenso wie uns, die ihn liebten und schätzten. Deshalb, aus Fairness Eric Peter und uns selbst gegenüber, auch mit dem Blick auf unsere eigene eventuelle Infirmität, wollen wir uns an Eric erinnern, so wie wir ihn kannten, als er im Vollbesitz seiner Fähigkeiten war.

Die Essenz von Eric Peters Spiel kann am besten mit einem Wort beschrieben werden: Takt. Eric hatte eine tadelloses Taktgefühl, das es ihm ermöglichte, jedes Tempo mit dem richtigen Feeling zu spielen, von blitzschnellen Uptempi bis zu den langsamsten Balladen. Doch Erics Taktgefühl war vor allem instinktiv, ein Vorzug, der einen Musiker kontinuierlich Gewahr werden lässt, welche Richtung die Musik einschlägt, zu jeder Zeit, und ihn mit dem Ablauf der Ereignisse gehen lässt. Vielleicht kann dieses Gefühl mit dem Instinkt, der die Vogel- oder Fischschwärme steuert, die ihre plötzlichen Kurven fliegen oder schwimmen, verglichen werden. Wer diese Eigenschaft besitzt, ist imstande, eine Einheit zwischen seinem eigenen Musizieren und der Selbstentfaltung in der Musik zu erreichen. Das Ergebnis ist ein eigenes Konzept, das, wenn oberflächlich analysiert, zu 90 % der Zeit im Widerspruch zu den normalen Spielmustern zu sein scheint. Bei einem Bassisten zeigt sich dies vor allem in der Notenwahl in den Basslinien. Tatsache ist, dass diese scheinbare Anomalie in einer sehr fundierten harmonisch-rhythmischen Logik verankert ist, die ein einzigartiges Zwischenspiel der Spannung und Auflösung ergibt. Paul Chambers besass diesen Instinkt ebenso wie Israel Crosby. Eric Peter besass ihn auch. Deshalb ist es nicht verwunderlich, das Eric in seiner Grundannäherung sehr stark Paul Chambers glich, aber mit einem künstlerischen Können, das an Israel Crosby erinnerte. Es besteht aber kein Zweifel: Eric Peter war sein eigener Mann. Er fühlt einfach, was sie fühlten, und diese Männer erweckten eine Verwandtschaft in ihm.

Eric war nicht ein Darsteller im Sinn des Showbusiness, nicht der Typ, der seinen Verstärker zu laut aufdreht, um sich hervorzuheben und nur auf sein Solo wartet, um das Zeugs vorzutragen, das er zuhause geübt hat. Eric war ein Team-Spieler. Er kam zu einem Gig, um die Musik zu spielen; und zwar die Musik, die aus den Bemühungen seiner Kollegen und ihm selber ausströmen würde und er gab immer sein bestes. Er ging davon aus - und mit gutem Grund, dass das Publikum hauptsächlich in ein Konzert ging, um die Musik zu hören, die sie erwarteten, und nicht, um die Musiker auf der Bühne ihre Possenspiele und Mätzchen vorführen zu sehen. Er war so bescheiden, dass er - soweit ich mich erinnere - nie verlangte, ein Bass-Feature zu spielen, eine Neuerung, die viele Bassisten benutzen, um sich zu profilieren. Er widerspiegelte einfach das Niveau einer gemeinsamen Inspiration der Musiker und nahm daran teil. Er war nie aufdrängend aber immer unterstützend. Meines Wissens benahm er sich nie exzentrisch oder befremdend. Er wirkte eher gesetzt und wenn man ihn auf der Strasse traf, hätte man ihn für den Filialleiter eines Warenhauses halten können.

Das war das Äussere. Aber das Innere? In seinem Innern war Eric der Ur-Surfer, der Fallschirmspringer und der Pilot, alles in einem. Er war jemand, der auf seinem Höhepunkt nie eine Welle, eine Kurve verpasste. Ich habe ihn einmal mit dieser Einschätzung konfrontiert: seine Augen leuchteten auf und er ein wenig schief gelächelt - ich wusste, dass ich damit ins Schwarze getroffen hatte. Denn Eric spielte mit einer freudigen Hingabe, während er gleichzeitig eine stützende Säule verblieb; das ist die Aufgabe eines Rhythmusgruppen-Spielers. Er wusste ganz genau, dass die Tür zur Entstehung der Musik ein Stück weit auch durch seine Leistung geöffnet werden würde.

Ich kann ruhig sagen, dass ich einige meiner kreativsten Auftritte mit Eric Peter zuzsammen hatte. Dies verdanke ich zu einem grossen Teil ihm und seinem selbstlosen, swingenden Mitspiel und ich werde immer dafür dankbar sein, die Gelegenheit gehabt zu haben, mit ihm zusammen auf der Bühne gewesen zu sein.

Im Namen aller, die Eric liebten, möchten wir hier all jenen unseren Dank aussprechen, die ihm während seiner Krankheit unterstützten. Und zum Schluss möchte ich alle Musiker und Fans bitten, sich seine Plattenaufnahmen anzuhören, sogar mehrere Male. Denn bei einem Eric Peter, hinter dessen täuschendem unauffälligen Aeusseren sich ein wahrer Schatz an musikalischem Wissen verbarg, ist das sicher zutreffend.

Vince Benedetti


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