Hochschule Luzern - Musik, Abteilung Jazz

Jazz lernt bei Bach und Bartók


Zum zweiten Mal schliessen an der Musikhochschule (MHS) Luzern Jazzabsolventen in der Sparte Komposition / Arrangement ab. Ein harter Lehrgang, sagt Dozent Ed Neumeister.

«Improvisieren heisst komponieren. Wer Komposition studiert, wird ein besserer Improvisator sein.» Kurz und klar bringt Ed Neumeister auf den Punkt, warum sich auch angehende Jazzmusiker mit dem Komponieren und Arrangieren befassen sollen. Der gebürtige Amerikaner ist ein erfahrener Komponist, Arrangeur und Posaunist. Zusammen mit David Angel ist er an der Jazzfakultät Luzern für den Unterricht im Bereich Komposition/Arrangement verantwortlich.

Coltrane und Bach

Beide Dozenten haben einen klassischen Background, sind aber ebenso bewandert im Jazz. Ed Neumeister möchte zwischen diesen beiden Disziplinen gar nicht strikt trennen. «Für mich sind sie dasselbe. It’s just music!» Aus diesem Grunde beschäftigen sich seine Studenten ebenso mit Bach, Beethoven und Bartók wie mit Gil Evans oder Duke Ellington. Ed Neumeisters Vorlieben sind ebenso grenzüberschreitend. «John Coltrane ist der ultimative Improvisator für mich. Und Bach ist wahrscheinlich der grösste Musiker, den es je gab. Er war auch ein hervorragender Improvisator.»

Im dreijährigen Studium Komposition/Arrangement lernen die Absolventen die wesentlichen Techniken des Komponierens kennen. Sie beschäftigen sich mit Harmonien, Motiventwicklung und Form und studieren die Vorbilder aus Klassik und Jazz. «Sie sind fähig, eigene oder bestehende Kompositionen im instrumentalen, vokalen, multimedialen und stilübergreifenden Bereich für verschiedenste Besetzungen und Auftraggeber zu arrangieren und zu orchestrieren», heisst es dazu in den Ausbildungszielen dieser Diplomrichtung.

Zuerst das Handwerk

Für Ed Neumeister ist es elementar, dass ein gutes Handwerk erlernt wird. «Man kann nicht experimentieren, wenn diese Basis fehlt.» Seine Studierenden beschäftigen sich intensiv mit Fragen der Instrumentation und des Sounds. Wer zu schnell frei jonglieren will, den hält Neumeister zurück. Andererseits motiviert er jene, die zu stark im Mainstream verhaftet sind, schrägere Formen zu wagen. «Ich bin ein Befürworter des Experimentierens. Aber erst die Kenntnis der Musikgeschichte und das Beherrschen des Handwerks bringen die Freiheit und befähigen, sich ungebunden ausdrücken zu können. Das braucht Jahre.»

Die Ausbildung in Komposition/Arrangement an der Jazzfakultät ist so aufgebaut, dass die Studierenden sukzessive für grössere Jazzbesetzungen schreiben. Zunächst für Septette oder Oktette, dann für Besetzungen mit 16 Musikern. Im dritten Jahr schliesslich schreiben sie Werke für ein Streichquartett, ein Holzbläserquintett sowie - als Teil der Diplomprüfung - ein grosses Studio-Orchester. Wie das klingt, wird heute Samstag im La Fourmi zu hören sein, wo drei Studierende ihre 7- bis 10-minütigen Stücke für ein 50-köpfiges Studio-Orchester dem Publikum vorstellen.

Einzigartig in Europa

Die Möglichkeit, an der Jazzfakultät der MHS im Bereich Komposition/Arrangement abzuschliessen, besteht seit zwei Jahren. Bisher haben sich erst acht Studierende auf diese Richtung spezialisiert. «Andere haben wieder aufgehört, nachdem sie realisiert haben, wie hart der Lehrgang ist, zumal in Kombination mit der Pädagogik», sagt Ed Neumeister. Ohnehin: Viele seien nicht bereit dazu, ihr Leben wirklich ganz und gar der Musik widmen. «Diese Hingabe zahlt sich aus. Aber es bedeutet viel Zeit und Arbeit.»

Vielleicht müsste man für diesen Abschluss mehr Werbung machen, sinniert Ed Neumeister - auch international. «Es gibt in ganz Europa keine Jazzschule, an der in diesem Ausmass Komposition studiert werden kann und die Gelegenheit besteht, für ganz unterschiedliche Formationen zu schreiben.» Notabene mit zwei Dozenten, die beide eine über 30-jährige Erfahrung in Jazz, Klassik und Improvisation mitbringen.

Ivo Caponio, Monika Hager und Christoph Müller werden heute ihre Stücke präsentieren. Interpretiert werden die Kompositionen vom Studio-Orchester der Musikhochschule Luzern, an dem Studierende der Fakultäten I (Klassik) und III (Jazz) beteiligt sind.

von Pirmin Bossart


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