Hochschule Luzern - Musik, Abteilung Jazz

Frauen im Jazz
Ausbildungssituation der Frauen an Jazzschulen und Musikhochschulen


von Marianne Doran


Der Gender-Aspekt, also die Frage nach der Differenz zwischen den Geschlechtern in Bezug auf gesellschaftlich erwartete Verhaltensmuster und soziales Ansehen einerseits und die Muster innerhalb eines Geschlechts andererseits, beschäftigt Männer gleichsam wie Frauen. Gerade in einem Berufsfeld, in welchem Frauen stark unterrepräsentiert sind, interessiert die Frage brennend.
Die Fakultät III will dieser Frage in der Referatsreihe in der Projektwoche vom 9. – 13. Dezember 02 nachgehen. Der nachfolgende Artikel gibt den Leserinnen und Leser einen Einblick in die Thematik der Gender Studies, zeigt Rahmenbedingungen für Jazzmusikerinnen. präsentiert und interpretiert schliesslich Resultate aus Umfragen bei Musikhochschulen und bei Jazzstudentinnen.

In fast jedem klassischen Orchester spielen Instrumentalistinnen. Aber noch zu Beginn der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts kam es bei den Berliner Philharmonikern zu einem Eklat, da die männlichen Orchestermitglieder sich weigerten, mit der Klarinettistin Sabine Meyer zusammenzuarbeiten, obwohl sie von ihrem Können her für dieses Orchester qualifiziert war. Seitdem hat immerhin in der Klassik die Bühnenpräsenz von Musikerinnen mit Streich- und Blasinstrumenten stark zugenommen. Diese Entwicklung scheint im Jazz nur punktuell eingesetzt zu haben. Die Jazzszene ist von Männern dominiert. Diese Unterrepräsentation der Frauen ist auch in der Ausbildungssituation an Jazzabteilungen erkennbar. Der geringe Frauenanteil in der Jazzausbildung/Musikhochschulen in der Schweiz von 11,6 % wird oft diskutiert. In andern künstlerischen Ausbildungen liegt der Frauenanteil bedeutend höher. An der Hochschule für Gestaltung und Kunst Luzern beispielsweise liegt der Frauenanteil in Abteilung bildende Kunst bei ca. 55 %, über alle Studiengänge verteilt wird er auf über 65 % geschätzt.

Welche Faktoren tragen dazu bei, dass sich nur sehr wenige Frauen für die Berufsausbildung Jazzmusikerin entscheiden. Neben dem Prozess der Berufsfindung stellt sich auch die Frage nach der Identität der Musikerinnen. Wie nehmen sie sich als Frau und als Jazzmusikerin in einem männlich geprägten Milieu wahr?

Gender Studies

Unter dem Begriff Gender Studies“ versteht man die Wissenschaft der Geschlechterforschung. Es wird auch vom sozio-kulturellen Geschlecht“, von Geschlechterdifferenz, Geschlechterzuschreibung“ oder auch von Geschlechteridentität“ gesprochen.

Der Begriff gender“ beschreibt nicht nur die Differenzen zwischen den Geschlechtern in Bezug auf gesellschaftlich erwartete Verhaltensmuster und soziales Ansehen, die in einer gegebenen Kultur zu einem bestimmten Zeitpunkt herrschen, sondern er stellt auch unterschiedliche Muster innerhalb eines Geschlechts dar, die in Abhängigkeit von vielfältigen Faktoren – wie ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Klassenzugehörigkeit – innerhalb einer Gesellschaft konstruiert werden. Die Kategorie gender“ repräsentiert somit veränderbare, kulturell bedingte Geschlechtszuschreibungen, die nach bestimmten Regeln die Beziehungen der Geschlechter zueinander und das Verhältnis des einzelnen zur Gesellschaft organisieren. Aufgabe der Gender Studies ist es, herauszufinden, welche konkreten Machtstrukturen hinter einem solchen Regelsystem stehen, wer innerhalb der Gesellschaft möglicherweise ein Interesse an der Festschreibung und Reproduktion traditioneller Geschlechterrollen hat und inwieweit jedes Mitglied der Gesellschaft im alltäglichen Leben am symbolischen Vollzug dieser überlieferten Rollen beteiligt ist. Ziel ist es, die gesellschaftlichen Mechanismen, die zu einer bestimmten Ordnung der Geschlechter führen, und die ständig wiederholte Festschreibung der Ungleichheit der Geschlechter zu durchbrechen.

Gender Studies in der Musikwissenschaft

Für die Musikwissenschaft stellt die Frauenforschung eine Vielzahl an Informationen über Frauen zur Verfügung, die aktiv am Musikleben als Komponistinnen, Musikerinnen oder Dirigentinnen teilnehmen oder teilgenommen haben und die dennoch im Kanon der musikalischen Meisterwerke“, in den Musiklexika und in der Musikgeschichtsschreibung verschwiegen werden. Für die Gender Studies ergibt sich daraus die Frage, wie es zu diesem Verschweigen von Frauen in der Musikgeschichte gekommen ist, weshalb sie von der musikalischen Öffentlichkeit ausgeschlossen und in die Privatsphäre abgedrängt wurden und nach welchen Kriterien ihre Werke bewertet wurden.

Kulturelle Erzeugnisse stehen in unmittelbarem Bezug zur Bildung von gender“; an der Musik lassen sich viele Aspekte des kulturell gebildeten Geschlechterverhältnisses musikanalytisch, zeit-, sozial- und ideengeschichtlich analysieren. Aus dieser Perspektive gesehen, ist die Frauen- und Geschlechterforschung ein integraler Bestandteil der musikwissenschaftlichen Forschung.

Rahmenbedingungen für das musikalische Wirken von Jazzmusikerinnen

Lust und Kreativität sind essentielle Momente in der künstlerischen Selbstentfaltung. Doch im welchem Mass Frauen ihre Kreativität im Alltag umsetzen konnten und können, hängt bis heute von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Beim Blick auf die historische Situation von Frauen zeigt sich, dass sie über Jahrhunderte hinweg daran gehindert wurden, ihre Kreativität auszubilden und auszuleben.

Mädchen werden noch immer eher dazu erzogen, sich fremden Willen unterzuordnen und sind stärker auf die Anerkennung von Erziehungspersonen angewiesen. Dadurch wird verhindert, dass sie eine eigenständige Lust an der Musik entwickeln können. Gerade aber beim Aneignen und Ausüben von Jazzmusik spielen Lust und Kreativität eine wichtige Rolle. Neben rein musikalisch-handwerklichen Fertigkeiten stehen beim Jazz die Fähigkeit zur Improvisation, die Lust am freien Spiel und der Reiz am Experiment im Mittelpunkt. Ein selbständiges Erarbeiten der Musik und Erfahrungen im Umgang mit dem Instrument sowie ein gewisser Freiraum und Kreativität sind erforderlich. Die Erziehung von Mädchen dazu, sich zurückzunehmen und in den Hintergrund zu treten, steht jedoch im Widerspruch zu diesen Aspekten und erschwert den Erwerb dieser jazzmusikalischen Qualifikation. Selbstvertrauen und Durchsetzungsvermögen sind notwendig, um sich in einem Jazzensemble behaupten zu können, sei dies bei der Beanspruchung einer Soloimprovisation innerhalb eines Stücks, der mutigen Akzentuierung einer bestimmten Stelle oder in der Regulierung der Lautstärke des eigenen Instruments. Eine defizitäre Selbstbewertung wirkt sich bei Jazzmusikerinnen hemmend aus.

Dass Frauen in der Jazzmusik einen so geringen Anteil haben, hängt auch eng mit der Tatsache zusammen, dass diese Musik mit männlichen Attributen wie aggressiv, wild, ekstatisch“ in Verbindung gebracht wird, die konträr zu dem immer noch gängigen Frauenbild stehen. Die Instrumentenwahl ist geschlechtsspezifisch. Die Zuordnung der Instrumente ist auf Vorurteile zurückzuführen, die jeder Geschlechterrolle stereotype Merkmale zuschreiben. Entscheidend dafür sind Klangfarbe des Instruments, Stimmlage, mögliche Lautstärke, der Anteil elektronischer Technik und der Körperausdruck, der beim Spiel entsteht. Im Jazz viel gespielte Instrumente wie Trompete, Posaune, Saxofon, Schlagzeug, E-Gitarre oder Bass werden eher mit dem männlichen Geschlecht assoziiert, während bei Instrumenten wie Klavier, Flöte, Klarinette oder Violine angeblich weibliche Eigenschaften mitschwingen. Die musikalische Sozialisation in Elternhaus, Schule und Freizeitbereich führt Mädchen bevorzugt an Instrumente heran, die sich wenig für eine im Jazz angestrebte Ausdrucksweise eignen. Damit sind die Musizierenden oft von vorne herein auf eine musikalische Sparte festgelegt. Es fehlen weibliche Jazzinstrumentalistinnen als Identifikationsmöglichkeit. Ohne Vorbilder können heranwachsende Mädchen nur schwer auf die Idee kommen, Jazzmusik zu spielen. Die wenigen existierenden Vorbilder erfahren in den Medien oft eine Darstellung, die unabhängig von den musikalischen Fähigkeiten stark mit dem Geschlecht in Verbindung gebracht wird, das Aussehen und Auftreten von Jazzmusikerinnen spielt in den Medien eine überproportional grosse Rolle.

Auswertung der Umfrage

Bei der Umfrage standen statistische und sozialwissenschaftliche Aspekte im Zentrum. Die Befragungen wurden an allen schweizerischen und an ausgewählten europäischen Musikhochschulen, welche auch eine Jazzabteilung führen, durchgeführt.

Auswertung der Umfrage

Bei der Umfrage standen statistische und sozialwissenschaftliche Aspekte im Zentrum. Die Befragungen wurden an allen schweizerischen und an ausgewählten europäischen Musikhochschulen, welche auch eine Jazzabteilung führen, durchgeführt.

Klassische Abteilungen

Total Studienabschlüsse in den Jahren 1997 bis 2001

97 98 99 00 01
Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen
37,85% 62,15% 45,25% 54,75% 37,25% 62,75% 41,76% 58,24% 41,84% 58,16

Durchschnittlicher Frauenanteil: 59,21%

Art der Ausbildungsabschlüsse

Musikpädagogische Ausbildungen (Instrumentalunterricht, Schulmusik, Grundausbildung, Rhythmik etc.) 66,03%
künstlerische Ausbildungen ( Performance, Solisten, Konzertreife, etc.) 55,05 %
Komposition, Dirigieren 14,8 %

Auffallende Tendenzen bei den gewählten Instrumenten: ein besonders hoher Anteil an Pianistinnen oder etwa ein besonders tiefer Frauenanteil bei Schlaginstrumenten.

Jazzabteilungen

Total Studienabschlüsse in den Jahren 1997 bis 2001

97 98 99 00 01
Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen
93,55% 6,45% 95,46% 4,54% 81,82% 18,18% 82,15% 17,5% 88,58% 11,42%

Durchschnittlicher Frauenanteil: 11,61%

Von den 11,6 % Frauen in der Jazzausbildung sind 55 % Sängerinnen und 45 % Instrumentalistinnen.

Jazzmusikerinnen

Vorbildung

Erstausbildung: Bei nur gerade 33% handelt es sich um eine Erstausbildung.

Einflüsse für die Wahl des Hauptinstruments (inklusive Gesang):

Familiärer Einfluss 15 %
Einfluss durch Freunde 37,3 %
Einfluss durch Lehrpersonen 18,6 %
Einfluss durch Vorbilder 29,1 %

Wahl zwischen einem klassischen oder Jazz-Studium:

Kein Thema 75 %
Schwierig 25 %
Sehr schwierig 0

Gründe für die Wahl eines Jazzstudiums:

Musikalische Vorbilder

75 % bezeichnen Vorbilder als wichtig. Dabei ist aber der Geschlechteraspekt nur für 25 % der Befragten von Bedeutung.

Berufsbild Jazzmusikerin, Komponistin

Ob es Frauen schwieriger haben als Männer, sich in der Szene“ zu behaupten, beantworten 75 % mit ja.
Ebenso möchten 75 % der Befragten von der künstlerischen Tätigkeit, also ohne Unterrichtstätigkeit, leben. Verschiedentlich werden aber erwartete Schwierigkeiten angetönt.
Bei der Frage, ob der Markt im Jazz im Vergleich zum klassischen Markt weniger attraktiv, d.h. weniger Angebote und Auftrittsmöglichkeiten habe, antworten 41 % mit ja, nur gerade 25 % bewerten die Berufschance gleich.
Das Konkurrenzverhalten von Frauen oder Männern im Berufsleben wird mit 58 % als vergleichbar bewertet, 25 % sagen aus, dass das Konkurrenzverhalten von Männern ausgeprägter ist.

Bedeutung von Improvisation und Solo

50 % empfinden das Improvisieren / Solieren als geschlechtsspezifisch, 16 % als nicht geschlechtsspezifisch.

Die Frage was bedeutet für dich Improvisieren“ wird u.a. wie folgt beantwortet:

75 % der befragten Frauen geben an, dass es den Männern einfacher oder gar viel einfacher fällt, sich Platz für ein Solo zu nehmen, 16 % bewerten das Verhalten als nicht geschlechtsspezifisch.

Geringen Frauenanteil in der Jazzmusik

Für den geringen Frauenanteil an Jazzschulen und auf der Bühne werden u.a. folgende Gründe genannt:

Frauenspezifische Frauenförderung im Jazz

Soll die Erhöhung des Frauenanteils spezifisch gefördert werden?
58 % beantworten diese Frage mit ja, zum Beispiel mit Bildungsangeboten in der Jugendzeit oder mit Einstellung von weiblichen Lehrpersonen. 33 % verneinen diese Frage, da die Förderung früher stattfinden muss. Bei einer spezifische Förderung an der Hochschule wird befürchtet, dass die Frauen dann weniger ernst genommen werden.

Schlussfolgerungen

  1. Die Befragungen weisen einen durchschnittlichen Frauenanteil in Jazzausbildungen von 11,61% aus. Mit knapp 15 % liegt die Jazzabteilung in Luzern leicht über dem Durchschnitt. Die Studentinnen von Luzern bemerken verschiedentlich, dass es ihnen in Luzern gefällt, dass das Klima für Frauen gut sei (für einige war dies sogar der Grund eines Studienortwechsels).
  2. Der Frauenanteil in klassischen Ausbildungen liegt bei 59,21 %. Zwar ist der Frauenanteil in musikpädagogischen Ausbildungen mit 66 % am höchsten, aber in künstlerischen Ausbildungen beträgt er noch immer 55 %. Erst in den Studiengängen Komposition und Dirigieren reduziert er sich auf knapp 15%.
  3. Der Frauenteil in Jazzausbildungen ist eindeutig zunehmend. Wenn er 1997 und 1998 noch bei 6,5 und 4,5 % lag, ist er doch in den letzten drei Jahren nicht mehr unter 10% gesunken.
  4. Die durchgeführten Untersuchungen und die Literatur lassen den Schluss zu, dass es bei den Jazzmusikerinnen etwas Artentypisches“ oder Familienmerkmale gibt: Es sind Frauen mit einem stark ausgeprägten Sinn für Freiheit, Kreativität und Individualität. Und sie sind bereit zu kämpfen: Sie haben sich relativ klar für ein Jazzstudium entschieden und dies obwohl 41 % der Befragten aussagen, der Markt im Jazzgebiet sei viel härter (weniger Engagements, weniger öffentliche und private Unterstützung) als der klassische Markt.. Erschwerend kommt noch dazu, dass 75% angeben, dass es die Frauen schwieriger haben als ihre männlichen Kollegen, sich in der Jazzszene“ zu behaupten.
  5. Die Instrumentenwahl bei den Mädchen ist ausschlaggebend für die Spartenwahl eines eventuellen zukünftigen Berufsstudiums. Die musikalische Sozialisation in Elternhaus und Schule führt Mädchen bevorzugt an Instrumente heran, die sich weniger für eine im Jazz angestrebte Ausdrucksweise eignen. Im Jazz viel gespielte Instrumente wie Gitarre, Schlagzeug, Bass, Trompete werden eher mit dem männlichen Geschlecht assoziiert. Die Jazzstudentinnen bestätigen diese Aussage, indem sie den familiären Einfluss mit nur 15 % bezeichnen.
  6. Im Jazz fehlen Vorbilder, am ehesten gibt es sie noch bei den Sängerinnen. 75 % der Jazzstudentinnen geben an, dass Vorbilder wichtig sind. Für diejenigen, die bereits die grundlegenden Entscheidungen (Instrumentenwahl, Berufswahl) getroffen haben, ist aber der Geschlechteraspekt bei den Vorbildern nicht mehr relevant.
  7. Die Jazzmusik wird mit männlichen Attributen wie aggressiv, wild, ekstatisch“ in Verbindung gebracht, die Jazzwelt ist noch immer eine Männerdomäne.
  8. Tendenziell wird der Entscheid, Jazzmusikerin zu werden, erst im Erwachsenenalter gefällt. Es ist auch beeindruckend, dass 67 % der Studentinnen zuerst eine Erstausbildung abgeschlossen haben und erst dann sich in den Jazz hineinwagen“.
  9. Die Fähigkeit zur Improvisation, die Lust am freien Spiel und der Reiz am Experiment stehen beim Jazz im Mittelpunkt. Die Erziehung von Mädchen dazu, sich zurückzunehmen und in den Hintergrund zu treten, steht jedoch im Widerspruch zu diesen Aspekten und erschwert den Erwerb dieser jazzmusikalischen Qualifikationen.

Jazz auf einem Instrument zu spielen ist ein traditioneller Männerberuf. Dementsprechend ist die Jazzszene als Subkultur geprägt durch männliche Kontakte, Arbeits- und Lebensvorstellungen. Diese Feststellung ist auch auf die Ausbildungssituation zu übertragen: An der Jazzfakultät der Musikhochschule Luzern (Fachhochschulstufe) beispielsweise unterrichten 46 Männer und vier Frauen Die Jazzmusikerinnen erhalten keine Anleitung oder Einführung durch gleichgeschlechtliche Personen. Sie müssen sich in ihrer beruflichen Laufbahn an eine spezifische Form der männlichen Kultur“ anpassen.
In den Befragungen der Jazzmusikerinnen wird deutlich, dass für sie das Niveau der Musik an erster Stelle steht. Sie wollen gute Musik machen und, wenn das Level der MitmusikerInnen mit ihrem übereinstimmt, macht es für sie vom Können und Musikalischen her keinen Unterschied, ob Mann oder Frau spielt. Die Musikerinnen beanspruchen, hinsichtlich ihres Könnens mit den männlichen Musikern gleichgestellt zu sein. Trotzdem ist beim Musikmachen eine geschlechtsspezifische Zuordnung ihrer Person feststellbar. Sowohl in der Interaktion mit den Bandmitgliedern, mit dem Publikum oder mit den Lehrern im Unterricht wird das Geschlecht – oft ungewollt – relevant.

Frauen haben aufgrund ihrer Sozialisation und dem Fehlen von gleichgeschlechtlichen Vorbildern schwierigere Ausgangsbedingungen als Männer, um sich jazzmusikalische Qualifikationen anzueignen oder den Beruf der Jazzmusikerin anzueignen. Während der beruflichen Sozialisation müssen sie sich in eine männlich geprägte Arbeitswelt integrieren.

Frauenspezifische Förderungen in der Berufsausbildung oder auch zum Beispiel Frauenmusikfestivals oder Musiksendungen, die ausschliesslich über Frauen berichten, bergen die Gefahr, dass musikmachende Frauen marginalisiert werden. Dennoch können derartige Bestrebungen dazu beitragen, dass vermehrt Jazzpädagoginnen an Jugendmusikschulen unterrichten werden, dass Instrumentalistinnen in der Jazzszene bald keine Seltenheit mehr sind und folglich nicht mehr das Geschlecht, sondern die Musik der Musikerinnen im Vordergrund steht.
An Jazzausbildungsstätten, wo sich Frauen wie Männer gleichermassen wohl fühlen, stellt diese Tatsache nicht nur eine Bereicherung für die Frauen sondern auch für die Männer dar. Dieses klimatische Umfeld ist weniger mit spezifischer Frauenförderung als mit einer allgemeinen Sensibilisierung für Minoritäten zu erreichen.


Marianne Doran ist Co-Leiterin der Fakultät III (Jazz) und Koordinatorin für den Nicht-Hochschulebereich an der MHS Luzern.



HOCHSCHULE LUZERN MUSIK, ABTEILUNG JAZZ, ZENTRALSTRASSE 18, CH-6003 LUZERN, SWITZERLAND
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