Hochschule Luzern - Musik, Abteilung Jazz

'Mein erstes Jahr im MHS-Bachelor-Studium'


Auf das Studienjahr 05/06 führte die MHS Luzern abteilungsübergreifend das Bologna-Modell ein. Vier Studierende des ersten Bachelor-Jahrgangs ziehen nach zwei Semestern eine Zwischenbilanz.


Mei-Siang Chou, Gesang Profil Jazz

Mei-Siang Chou, Gesang Profil Jazz

Das Schuljahr hat für mich ungewohnt spät begonnen. Das Selber-Zusammenstellen des Stundenplans unter Berücksichtigung der ECTS-Punkte (deren System ich übrigens immer noch nicht ganz begriffen habe) fand ich ebenfalls ziemlich gewöhnungsbedürftig. Doch alles in allem hatte ich einen guten Start ins Schuljahr und fühlte mich auch gut aufgenommen von der alten Garde“. Genauso positiv und ohne wesentliche Zwischenfälle verlief dann auch das erste Semester. Nennenswerte Stationen waren unter anderem ein interessanter Workshop bei Lars Lindvall oder ein eher verwirrender umgekehrt-chronologischer Geschichtsunterricht.
Der Stress begann im zweiten Semester. Angespornt von den positiven Rückmeldungen nahm ich mir vor, im Hinblick auf die Prüfungen im Sommer mein Allerbestes zu geben. Leider sind der Unerreichbarkeit der eigenen Superlative keine Grenzen gesetzt und so sah ich mich gezwungen auf den Komparativ auszuweichen Besser wollte ich werden, mehr wollte ich üben, schneller wollte ich begreifen, musikalischer solieren, sicherer intonieren. Es war, als focht ich jeden neuen Tag einen Wettstreit mit meinem gestrigen Ich aus. Meine neu gewonnene Kampeslust mag am Anfang Früchte getragen haben, aber mit der Zeit fühlte ich mich wie ein ausgebrannter Workaholic, der nicht vom Fleck kommt. Ich war völlig überreizt; seit Monaten hatte ich nicht mehr freiwillig Musik gehört und die Idee, dass Musik hören entspannen könnte, war weit weg.
Drei Wochen vor der Prüfung war es dann soweit. Ich zwang mich, eine Pause einzulegen, Abstand zu nehmen mich zu entspannen und was schwersten war: die Musik für eine Weile aus meinem Kopf zu verbannen.
Vier Tage an der Aare ohne einen einzigen Ton wirkten Wunder. Die Freude ist zurückgekehrt und mit ihr auch das Feuer. Der grösste Gewinn, den ich aus dem letzten Jahr gezogen habe, sind nicht die bestandenen Prüfungen, sondern die zurückgewonnene Freude an der Musik und die Erkenntnis, dass man Musik nicht erzwingen darf.


Beda Viviani, Drums Profil Jazz

Beda Viviani, Drums Profil Jazz

Der Entscheid, nach Luzern zu gehen war richtig. Eine derartige Vielfalt erstklassiger Dozenten verschiedener Stilrichtungen ist anderswo kaum zu finden. Und wenn die Implementierung des Bologna-Modells dereinst erfolgreich im Lehrbetrieb verankert ist, wird die MHS über ein noch attraktiveres Studienangebot verfügen.
Zu Beginn des ersten Semesters allerdings der Schock: Wie wenig ein Musikstudium mit Musik zu tun haben kann! Technische Detailkenntnis, instrumentale Leistungsfähigkeit, intellektuelles Begreifen und fundiertes Theoriewissen sind gewiss sehr hilfreiche Werkzeuge. Aber für wessen Ohren musizieren wir eigentlich? Musikstudierende sind in der Lage, den spitzen Ohren eines gebildeten Kennerpublikums hochentwickelte Spezialmusik zu präsentieren. Müssen wir den Auftrag, den uns die unser Studium finanzierende Gesellschaft implizit gibt, nicht breiter und tiefer verstehen? Im kompetitiven Umfeld des globalisierten Kapitalismus' sehnen sich die Ohren der Menschen nach Klängen, die ihnen jene Welt vermitteln, die zu entgleiten droht: Den Zugang zum persönlichen Selbstverständnis, zur eigenen Innenwelt finden viele durch Musik. Sollten wir nicht hier ansetzen und der dauergestressten Konsumgesellschaft Musik für das Ohr des Herzens anbieten?
Dank der positiven und konstruktiven Lernatmosphäre verebbten die fundamentalen Zweifel und die grosse Arbeit am Instrument konnte beginnen. Leider reichte die zur Verfügung stehende Zeit nicht aus, um den vermittelten Stoff angemessen zu verinnerlichen. Man kann es als Gelegenheit betrachten, das eigene Zeitmanagement sowie die Selbstdisziplin zu verbessern. Ausserdem sind die Semesterferien ein willkommenes Auffangbecken für verdrängte Übestunden.
Nach einem Jahr Studium sind die geschärften Ohren nun in der Lage, Musik erheblich analytischer wahrzunehmen und sofort mit passenden Fachbegriffen zu verknüpfen. Trotzdem geschieht noch ab und zu das kleine Wunder der Gänsehaut beim Erleben von Musik für das Ohr des Herzens


Esther Lüthi, Horn (Profil Klassik)

Esther Lüthi, Horn (Profil Klassik)

Nun ist es bereits so weit: die ersten zwei Semester an der MHS Luzern sind Vergangenheit. Ein spannendes, motivierendes und ereignisreiches Jahr liegt hinter mir.
Die erste Studienwoche im letzten Oktober bestand vor allem darin, mich in Luzern zu Recht zu finden und auf den verschiedenen Sekretariaten die nötigen Ausweise und Bestätigungen abzuholen. Viel Zeit zum Üben blieb da am Anfang nicht – doch das änderte sich schnell.
Ich fand schnell einen Rhythmus, wie ich meinen Tagesablauf zu gestalten hatte, um auf meine Übungsstunden zu kommen, die anfallenden Aufgaben der Theoriefächer zu erledigen und meine ausserschulischen Aktivitäten und Arbeiten zu koordinieren. So langsam aber sicher begann mir das Ganze richtig zu gefallen: Es lief viel, ich war ständig auf Achse, wurde für mehr Engagements angefragt als ich erfüllen konnte – Die Bestätigung war mehr als eindeutig: ich bin am rechten Ort.
Freilich lief nicht immer ganz alles rund. So war mehr als einmal spürbar, dass die Schulleitung mit dem neuen Bologna-System noch ihre Probleme hat. Ebenso gab es auch Fächer, für die mein Interesse klein war, die aber dennoch zu absolvieren sind.
Insgesamt kann ich aber sagen, dass ich mit der Studiengestaltung der MHS bis jetzt zufrieden bin. Sehr positiv finde ich, dass ich bei den meisten Fächer selber bestimmen kann, wann innerhalb meines Bachelor-Studiums ich sie besuchen will. Ebenso vorteilhaft ist, dass ich meinen Stundenplan fürs jeweils kommende Semester selber zusammenbauen“ kann und so meine schulischen Verpflichtungen mit den Ausserschulischen gut koordinieren kann.
Nach den letzten zwei Studienwochen, die man eher als Prüfungswochen bezeichnen kann, freue ich mich jetzt auf den unterrichtsfreien, aber trotzdem sehr musikalischen und konzertreichen Sommer. Dennoch blicke ich gespannt und freudig dem kommenden Studienjahr entgegen, in der Hoffnung, dass es genau so erfolgreich wird wie das Vergangene.


Lukas Lanzendörfer, Piano (Profil Klassik)

Lukas Lanzendörfer, Piano (Profil Klassik)

Wenn man eine neue Röhre gräbt, schickt es sich, ab und zu die Richtung zu prüfen. Drum Glück auf!“ dass der Bachelor-Stollen nicht einstürzt, bevor er gesichert ist!
Von Harmonie entzückt ziehe ich den Hut vor den Theoriemodulen. Sie standen im Einklang meiner Erwartungen. Die Idee, diese dem eigenen Interesse nach zusammenstellen zu können ist Musik in meinen Ohren und Note B allemal wert. Das Nebenfach Komposition öffnete mir zumindest teilweise einen Weg durch zähen Granit zur zeitgenössischen Klassik. Dies ist doch eine respektable Leistung bei einem harmonisch doch eher konservativen Menschen wie mir. Ebenfalls B! Auch die Module im Zuwahlbereich und die Themenseminare waren lehrreich/lustig. B versteht sich!
Weniger verständlich: die Musikgeschichte. Besonders das zweite Semester war latent dissonant und formal schwer zu durchschauen. Häufig suchte ich vergebens nach einer geschichtlichen Relevanz im Unterrichtsstoff, der Unterrichtsstil und die Themenwahl liessen zu wünschen übrig und die Intonation zwischen Vorbereitung und Prüfung ging Flöten“. Deshalb ein D – eine souveräne Madeleine Ruggli rettete das Modul noch über den Doppelstrich. Bitte ein Segno“ setzen, und nicht bloss Da Capo“ im nächsten Jahr.
Beim Harddisk-Recording allerdings hämmert mir jetzt noch die Tunnelbohrmaschine auf dem Trommelfell. Der Unterricht, schlecht, respektive gar nicht vorbereitet, war für mich die Piora-Mulde dieses Jahres, also lästiges Lockergestein und gäbe ein guter Kandidat ab für das nächste Streichkonzert der Finanzdirektion – Note F – Aber bitte ohne Modulwiederholung!
Dagegen regelrecht von himmlischer Harmonie: das Hauptfach. Und er kam und sprach: Die Treppe hinauf zur Perfektion in der Musik erreicht man nur über jede Menge Hilfslinien“. Danke dafür, dass du diese so deutlich zu setzen weisst, Hiroko! Note A! Notausgang überflüssig!
Bleibt zu hoffen, dass in zwei Jahren erfolgreich der Durchstich erfolgt. Bis jetzt stimmt die Richtung. Darauf steht Note B. Luftholen und weitermachen!


HOCHSCHULE LUZERN MUSIK, ABTEILUNG JAZZ, ZENTRALSTRASSE 18, CH-6003 LUZERN, SWITZERLAND
Phone: ++41-41-412 20 56 / Fax: ++41-41-412 20 57 / E-Mail: jazz@hslu.ch